Dauerthema: Korrekte Abrechnung der Leichenschau

Liebe MEDI-Südwest Mitglieder,    

das Thema wird seit Jahren kontrovers diskutiert: die kostendeckende Abrechnung der Leichenschau.

Am 30.01. gab es wieder eine Berichterstattung des ARD Magazin Plusminus dazu , in der die Abrechnungspraxis kritisch betrachtet wurde. Zwar wurde auch betont, dass die GOÄ seit 30 Jahren nicht mehr angepasst wurde und die darin festgesetzten Honorare im Vergleich zu anderen Dienstleistern geradezu lächerlich gering und keinesfalls dem Aufwand angemessen sind. Trotzdem besteht für eine korrekte Abrechnung der Leichenschau auch und gerade unter rechtlichen Gesichtspunkten keine Alternative.

Die Verärgerung vieler Ärzte, über die nicht kostendeckende Honorierung ist nachvollziehbar, aber die Leichenschau und die Ausstellung eines Totenscheins gehören zu den ärztlichen (Pflicht-)Kernaufgaben. Ist ein zur Leichenschau verpflichteter Arzt im Einzelfall aus wichtigem Grund an der Durchführung der Leichenschau verhindert, hat er unverzüglich eine Vertretung zu bestellen. Lehnt der zuständige Arzt die Leichenschau ab, so kann eine Ordnungswidrigkeit nach § 19 Bestattungsgesetz RLP vorliegen.

Das Problem – zu wenig Honorar für verantwortungsvolle Aufgabe

Das Kernproblem bei der Abrechnung der Leichenschau ist, dass nur die Nr. 100 GOÄ („Untersuchung eines Toten – einschließlich Feststellung des Todes und Ausstellung des Leichenschauscheines“) und das Wegegeld nach § 8 GOÄ in Rechnung gestellt werden kann. Die oftmals als Kompromisslösung bezeichnete Berechnung zur Nr. 100 GOÄ die Nr. 50 abzüglich der symptombezogenen Untersuchung (Nr. 5 GOÄ) und der Beratung (Nr. 1 GOÄ) analog zu berechnen ist nicht rechtskonform. Auch die Berechnung eines Pauschalpreises ist rechtlich nicht haltbar. Die Leichenschau ist eine berufliche Leistung der Ärzte und muss nach der GOÄ abgerechnet werden – Pauschalpreise sieht die GOÄ aber nicht vor.             
Es gibt aber noch Besonderheiten, die zu beachten sind:

  • Zuschläge für eine Durchführung am Wochenende oder nachts können nicht berechnet werden, da sie in der Gebührenordnung nicht vorgesehen sind und die Nr. 100 keine zuschlagsberechtigte Ziffer ist. Umstände, die den Zeitaufwand oder die Schwierigkeit der Leichenschau erhöhen, wie zum Beispiel bei unbekanntem Toten oder nächtlicher Leichenschau, können stattdessen mit der entsprechenden Begründung über den Gebührenrahmen der Nr. 100 GOÄ bis zum 3,5fachen des Gebührensatzes abgebildet werden.
  • Falls das amtliche Leichenschauformular der Ärztin / dem Arzt nicht von dritter Seite unentgeltlich zur Verfügung gestellt wird, ist die Berechnung der Kosten des Formulars als Auslagenersatz entsprechend § 10 Abs. 1 Satz 1 GOÄ gerechtfertigt.
  • Eine Besuchsgebühr kann neben der Nr. 100 GOÄ nur dann berechnet werden, wenn bei der Anforderung der Ärztin / des Arztes davon auszugehen war, dass die Patientin / der Patient noch lebte und insoweit ärztliche Hilfe benötigte. Bei Privatversicherten kann dann zusätzlich die Nr. 50 GOÄ berechnet werden, meist mit Zuschlägen, bei gesetzlich Krankenversicherten ist der Besuch über die Kassenärztliche Vereinigung abzurechnen.

Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Karlsruhe nach privaten Anzeigen

Die Tatsache, dass es in der Praxis bei den allermeisten Fällen zu keinen Beanstandungen der Abrechnungen kommt, trifft keine Aussage über die fehlende Rechtsmäßigkeit einer Abrechnung. Ärztinnen und Ärzte, die ihre Abrechnungen nicht rechtskonform gestalten, begeben sich in Risiko staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen und womöglich sogar entsprechender Verurteilung.

Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe ermittelt aktuell gegen rund 100 Ärzte aus der Karlsruher Region, die zu viel Geld für Leichenschauen genommen haben sollen. Darunter seien sowohl Beschuldigte, die nur wenige überhöhte Rechnungen gestellt hätten, als auch Ärzte, die in mehr als hundert Fällen zu viel verlangt hätten.  

Die Politik ist mal wieder gefordert, notfalls in einem eigenen Rechtsrahmen, für eine angemessene Vergütung der Ärzteschaft zu sorgen – schnell! Auf die Neuregelung der Vorschriften in der neuen GOÄ zu warten ist nicht mehr zumutbar.