Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) in Kraft. Knapp fünf Monate später zeigt sich: Das Gesetz ist für den Gesundheitssektor relevanter als zunächst angenommen, allerdings auf eine andere Weise als erwartet.
Das BFSG verpflichtet erstmals auch private Unternehmen, ihre digitalen Dienstleistungen – wie Websites – barrierefrei zu gestalten. Für Arztpraxen rückte dabei schnell ein Punkt in den Fokus: Bereits das Anbieten einer Online-Terminbuchung kann ausreichen, um unter die neuen gesetzlichen Pflichten zu fallen.
MEDI Südwest zieht Bilanz: Was bedeutet das BFSG für Sie? Wer ist wirklich betroffen? Und welches ist das größte Risiko – Bußgeld oder Abmahnung?
Die wichtigste Nachricht: Entwarnung für die Meisten
Die gute Nachricht vorweg: Das Gesetz sieht eine weitreichende Ausnahme für Kleinstunternehmer vor, die Dienstleistungen (wie Arztpraxen) erbringen.
Als Kleinstunternehmer gilt, wer BEIDES erfüllt:
1. Weniger als 10 Vollzeitbeschäftigte (Vollzeitäquivalente)
2. UND weniger als 2 Millionen Euro Jahresumsatz
Die überwältigende Mehrheit der niedergelassenen Arzt- und Facharztpraxen in Deutschland fällt unter diese Regelung. Wenn Sie Kleinstunternehmer sind, ist Ihre Praxis von den Pflichten des BFSG befreit. Es besteht kein akuter Handlungsbedarf.
Wer muss handeln? Fokus auf MVZ und Große Praxen
Handeln mussten und müssen ausschließlich jene Praxen, die NICHT als Kleinstunternehmer gelten.
Dies betrifft in der Realität des Gesundheitssektors primär:
• Medizinische Versorgungszentren (MVZ)
• Große Gemeinschaftspraxen oder Praxisverbünde
• Andere Praxisformen mit 10 oder mehr Mitarbeitern
Diese Betriebe müssen sicherstellen, dass ihre Websites die Anforderungen des BFSG erfüllen. Die Umsetzungsfrist ist seit dem 28. Juni 2025 abgelaufen.
Das doppelte Risiko: Behörde und Mitbewerber
Für betroffene Praxen gibt es zwei reale Risiken:
1. Das behördliche Verfahren (Bußgelder)
Die offizielle Marktüberwachungsstelle der Länder (MLBF) kontrolliert die Einhaltung. Die Erfahrung der letzten Monate zeigt: Die Behörde wird primär anlassbezogen (auf Beschwerde hin) aktiv und setzt in der Regel zunächst eine Frist zur Behebung des Mangels. Erst bei Weigerung drohen Bußgelder von bis zu 100.000 €.
2. Das private Verfahren (Abmahnungen) – NEU & DRINGEND
Das BFSG gilt als “Marktverhaltensregel” im Sinne des Wettbewerbsrechts (UWG). Das bedeutet: Verstöße sind wettbewerbswidrig.
Seit Inkrafttreten des Gesetzes zeigt sich, dass hier das größere Risiko liegt:
• Wer mahnt ab? Nicht nur Behörden, sondern auch Mitbewerber (z.B. ein konkurrierendes MVZ, das seine Seite konform gestaltet hat) und qualifizierte Verbände (z.B. Verbraucherzentralen).
• Was wird abgemahnt? Die fehlende Barrierefreiheitserklärung oder eine nicht-funktionierende Online-Terminbuchung.
• Folge: Eine Abmahnung ist sofort mit Kosten (Anwaltsgebühren) und einer strafbewehrten Unterlassungserklärung verbunden.
Die 2 Kernpflichten (Die häufigsten Angriffsziele)
Sollte Ihre Praxis (als Nicht-Kleinstunternehmer) betroffen sein, müssen diese zwei Punkte erfüllt sein, um Abmahnungen und Bußgelder zu vermeiden:
1. Die Technische Barrierefreiheit: Die Website muss nach dem “Stand der Technik” bedienbar sein (Wahrnehmbar, Bedienbar, Verständlich, Robust). Fokus liegt hier auf dem Online-Termin-Prozess.
2. Die Formelle Barrierefreiheitserklärung: Dies ist der kritischste und am häufigsten abgemahnte Punkt. Diese rechtsverbindliche Erklärung muss auf der Website vorhanden sein, den Status bewerten und Feedback- sowie Schlichtungswege aufzeigen.
Fehlt allein die Erklärung, gilt die Seite formal als nicht konform – das ist der einfachste Angriffspunkt.
Ihr MEDI-Vorteil: Unsere Services für Ihre Sicherheit
MEDI Südwest lässt Sie mit diesen komplexen Anforderungen nicht allein.
1. Für alle Praxen: Der MEDI BFSG-Schnell-Check
Sind Sie unsicher, ob Sie betroffen sind? Nutzen Sie unser kostenloses Online-Tool. Klären Sie in 10 Sekunden, ob Sie als Kleinstunternehmer gelten.
2. Für betroffene Praxen (>= 10 MA): Der MEDI “Erste-Hilfe-Koffer”
Für Mitglieder, die handeln müssen oder bereits eine Abmahnung/Anhörung erhalten haben:
• Geprüfte Mustervorlagen: Erhalten Sie eine Vorlage für die Barrierefreiheitserklärung und Mustertexte für die Antwort an Behörden oder Abmahner.
• Ablauf-Leitfaden: Klare Schritt-für-Schritt-Anleitung (Ruhe bewahren, Fristen prüfen, MEDI-Justiziar kontaktieren).
• MEDI “Kümmerer-Service”: Wir vermitteln Ihnen spezialisierte IT-Dienstleister, die Ihre Website schnell auditieren und rechtssicher machen – zu exklusiven MEDI-Mitgliederkonditionen.
Fazit: Für die meisten niedergelassenen Praxen bleibt alles beim Alten. Für größere Praxen und MVZ ist der Handlungsdruck durch das reale Abmahnrisiko jedoch hoch. Nutzen Sie unsere MEDI-Services, um Ihren Status zu klären und im Bedarfsfall eine rechtssichere Lösung zu finden.
Mustervorlage Barrierefreiheitserklärung
