MEDI Südwest kritisiert EBM-Widerspruch bei Impfungen im NäPa-Hausbesuch

Alzey: Impfung im Hausbesuch: KV streicht, Apotheken rechnen ab – MEDI Südwest fordert Kurswechsel

Strukturelles Problem im EBM

Die aktuelle Situation rund um die Abrechnung von Impfungen im häuslichen Umfeld macht ein grundlegendes Strukturproblem im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) sichtbar. Ärztinnen und Ärzte dürfen qualifizierte nichtärztliche Mitarbeitende wie VERAH und NäPA zu Hausbesuchen schicken, und genau dafür ist das Kapitel 38 EBM geschaffen worden. Die delegierten Leistungen sind ausdrücklich vorgesehen, und medizinisch gibt es keinerlei Zweifel daran, dass eine entsprechend geschulte NäPA eine Impfung durchführen kann, wenn der Arzt die Indikation gestellt, aufgeklärt und die Durchführung delegiert hat. In der Versorgungspraxis ist das ein bewährtes Modell: klar, effizient und patientenorientiert.

Formale EBM-Logik kontra Versorgungsrealität

Trotz dieser Realität streichen Kassenärztliche Vereinigungen Impfleistungen konsequent, sobald sie zusammen mit einer 38100 oder 38105 abgerechnet werden. Der formale Hintergrund ist bekannt: Impfungen gelten im EBM als ärztliche Leistungen, die NäPA-Hausbesuchsziffern dagegen als rein delegierte Leistungen, und der EBM erlaubt diese Kombination in einem Kontakt nicht. Was medizinisch problemlos möglich ist, wird abrechnungstechnisch unmöglich gemacht. Dadurch entsteht für die Praxen ein Dilemma: Die Impfung ist erlaubt, die Delegation ist erlaubt, der Hausbesuch ist erlaubt, aber die Abrechnung scheitert an einer künstlichen Systemgrenze des EBM.

Doppelte und dreifache Belastung durch Streichungen und Regressrisiken

Besonders problematisch wird es, wenn man die Folgen betrachtet. Die ärztliche Leistung muss trotz Delegation abgerechnet werden, weil die Verantwortung beim Arzt liegt. Wird die Impfziffer jedoch im Rahmen der sachlich-rechnerischen Berichtigung gestrichen, stimmt anschließend der Impfstoffbestand nicht mehr mit der abgerechneten Leistung überein. Das führt unmittelbar zu Beanstandungen des Sprechstundenbedarfs und zu Regressen durch die Krankenkassen und die Gemeinsame Prüfungseinrichtung. Die Praxis wird damit mehrfach belastet: Sie verliert die Vergütung für die Impfung, gerät wegen vermeintlicher Unstimmigkeiten im Impfstoffverbrauch in Erklärungsnot und läuft zusätzlich in das Risiko wirtschaftlicher Schäden, die ausschließlich aus der fehlerhaften Systemlogik des EBM entstehen.

Apotheken dürfen impfen und abrechnen – Praxen werden ausgebremst

Während hausärztliche Teams mit solchen Formalismen kämpfen, dürfen Apotheken nach § 132e SGB V weiterhin ohne ärztlichen Kontakt impfen und abrechnen. Es ist weder eine individuelle ärztliche Indikationsstellung noch eine ärztliche Aufklärung im Einzelfall erforderlich, und eine langfristige hausärztliche Versorgungsverantwortung wird ebenfalls nicht vorausgesetzt. Dass Apotheken dieselbe Leistung ohne diese Anforderungen abrechnen können, während ärztliche Praxen für eine formal korrekte Delegation im Rahmen eines Hausbesuchs faktisch bestraft werden, macht die Schieflage im System besonders deutlich. Diejenigen, die die Versorgung tatsächlich tragen, haben derzeit die schlechtesten Rahmenbedingungen.

Position von MEDI Südwest und Forderung an KV und KBV

Auf der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz hat der Vorsitzende von MEDI Südwest, Dr. Ralf Schneider, diese Widersprüche deutlich benannt und konkrete Lösungen eingefordert. Er hat klargestellt, dass die derzeitige Abrechnungspraxis der KV weder medizinisch sinnvoll noch versorgungspolitisch tragbar ist und dass Delegation nicht durch formalistische Kombinationsverbote ausgehebelt werden darf. Wenn der EBM an dieser Stelle Versorgung behindert, muss er angepasst werden. Impfungen im Rahmen eines ärztlichen Impfauftrags müssen auch dann abrechenbar sein, wenn sie durch qualifiziertes Praxispersonal im häuslichen Umfeld durchgeführt werden. Alles andere gefährdet eine flächendeckende Impfversorgung und widerspricht einem rationalen Umgang mit ärztlicher Arbeitszeit.

MEDI Südwest bleibt dran

MEDI Südwest wird dieses Thema weiter verfolgen und sich die derzeitige Praxis nicht gefallen lassen. Die Versorgung im Land hängt nicht von theoretischen Trennlinien im EBM ab, sondern davon, ob qualifizierte Praxisteams Leistungen sicher durchführen und korrekt vergütet bekommen. Genau das müssen Kassenärztliche Vereinigungen und Kassenärztliche Bundesvereinigung gewährleisten, statt es durch unnötige Systembrüche zu erschweren. MEDI Südwest erwartet, dass die Rahmenbedingungen so angepasst werden, dass ärztliche Praxen bei Impfleistungen mindestens die gleichen Möglichkeiten haben wie Apotheken und nicht länger strukturell benachteiligt werden.