Leitfaden zur ePA: So navigieren Praxen sicher durch die neuen Opt-Out-Regeln
Mit der Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) für alle Versicherten nach dem Opt-Out-Prinzip stehen Arztpraxen vor einer neuen Realität. Die Unsicherheit ist oft groß: Wann muss die Akte befüllt werden, wann ist es lediglich erlaubt und wo sind die Grenzen? Die gute Nachricht ist, dass der Gesetzgeber ein klares, gestaffeltes Konzept vorgesehen hat, das den Praxisalltag erleichtert, sobald die Grundprinzipien verstanden sind. Dieser Leitfaden schafft Klarheit und zeigt, wie Sie die neuen Anforderungen rechtssicher und effizient umsetzen.
Das Kernprinzip: Das Schweigen des Patienten gilt als Zustimmung
Die grundlegendste Veränderung ist der Wechsel vom Opt-In- zum Opt-Out-Verfahren. Mussten Praxen früher eine aktive Einwilligung einholen, gilt nun das Gegenteil: Sie sind berechtigt und teilweise sogar verpflichtet, die ePA zu befüllen, solange der Patient oder die Patientin dem nicht aktiv widerspricht. Die primäre Aufgabe der Praxis verlagert sich somit von der Einholung einer Erlaubnis hin zur transparenten Information über die Datennutzung und das jederzeit bestehende Widerspruchsrecht.
Ein klares 3-Stufen-Modell regelt die Befüllung
Um zu definieren, welche Daten wann in die Akte gelangen, gibt es ein dreistufiges System. Die erste Stufe umfasst die sogenannten Pflicht-Uploads. Hierzu zählen zentrale medizinische Dokumente wie Laborbefunde, Befundberichte und eArztbriefe, die, sofern sie elektronisch vorliegen, in die ePA eingestellt werden müssen.
Darüber hinaus gibt es die zweite Stufe der befugten Uploads. Diese gibt Ihnen als Behandler die Befugnis, weitere relevante Daten aus der aktuellen oder auch einer früheren Behandlung zu ergänzen, wenn diese für die fortlaufende Versorgung des Patienten wichtig sind. Dies können beispielsweise Diagnosen oder Informationen zur Medikation sein. Für diese beiden ersten Stufen gilt einheitlich: Die Befüllung ist der Regelfall und nur durch einen aktiven Widerspruch des Patienten zu unterlassen.
Eine wichtige Ausnahme bildet die dritte Stufe, die Uploads auf Verlangen. Hierbei handelt es sich um vom Patienten selbst initiierte Wünsche, Dokumente wie den eImpfpass, das eU-Heft oder das eZahnbonusheft in die Akte aufzunehmen. Da der Impuls vom Versicherten ausgeht, ist für diese Daten eine explizite und protokollierte Einwilligung Ihrerseits erforderlich.
Der optimale Workflow im Praxisalltag
Um diesen Prozess im Praxisalltag rechtssicher zu gestalten, hat sich ein Vorgehen in vier Schritten bewährt. Zunächst sollte im Praxisverwaltungssystem (PVS) geprüft werden, ob der Zugriff auf die ePA des Patienten technisch möglich ist. Ist dies der Fall, folgt der entscheidende Schritt der Patienteninformation. Ein kurzes Gespräch ist ideal, insbesondere bei sensiblen Daten wie psychischen Erkrankungen, bei denen aktiv auf das Widerspruchsrecht hingewiesen werden sollte. Um der allgemeinen Informationspflicht effizient nachzukommen, stellt die KBV ein Poster für den Aushang im Wartezimmer zur Verfügung. Dieses kann eine wertvolle Unterstützung sein und ist unter diesem Link abrufbar:
Jeder erklärte Widerspruch oder eine erteilte Einwilligung muss anschließend nachprüfbar in der Behandlungsdokumentation vermerkt werden. Erst danach erfolgt der letzte Schritt: das Einstellen der Daten in die ePA, wobei Ihr PVS diesen Zugriff benutzerbezogen protokollieren sollte.
Wichtige Grenzen: Was die ePA nicht ist
Bei allen neuen Pflichten ist es ebenso wichtig zu verstehen, wo die Grenzen liegen. Es besteht keine Verpflichtung, alte Papierakten zu digitalisieren und nachträglich hochzuladen. Die ePA ergänzt die ärztliche Anamnese und das persönliche Gespräch, sie ersetzt sie jedoch nicht. Sie bleiben als Behandler im Zentrum der Diagnostik und Therapie. Ebenso besteht keine Haftung für das Nicht-Einstellen von Daten, für die keine gesetzliche Pflicht besteht. Die ePA ist ein unterstützendes Werkzeug, das die Versorgung verbessern soll – nicht ein Instrument, das die ärztliche Verantwortung ersetzt oder den Verwaltungsaufwand ins Unermessliche steigert.
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