Heute ist der Stichtag: Die umfassend aktualisierte IT-Sicherheitsrichtlinie der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) muss in allen medizinischen Praxen umgesetzt sein. Angesichts der stetig wachsenden Cyberbedrohungen ist IT-Sicherheit kein optionales Extra mehr, sondern eine zentrale Säule für den Schutz sensibler Patientendaten und den reibungslosen Praxisbetrieb. Die Neuerungen konkretisieren die bestehenden Pflichten aus der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und machen sie für den Praxisalltag greifbar und prüfbar.
Neuer Fokus: Der Mensch als erste Verteidigungslinie
Die bedeutendste Neuerung der Richtlinie ist die verpflichtende Etablierung einer „Human Firewall”. Damit wird anerkannt, dass die bestmögliche Technik allein nicht ausreicht. Ihre Mitarbeitenden sind der entscheidende Faktor für die IT-Sicherheit.
Das bedeutet konkret:
- Verpflichtende und dokumentierte Schulungen: Alle Mitarbeitenden müssen mindestens einmal jährlich nachweislich geschult werden. Inhalte umfassen das Erkennen von Phishing-Mails, den Umgang mit verdächtigen Anhängen, die Bedeutung sicherer Passwörter und das richtige Verhalten bei einem Sicherheitsvorfall. Nutzen Sie die MEDI Südwest QM-Schulungstage.
- Systematisches Onboarding: Neue Teammitglieder müssen sofort bei Eintritt in die Praxis eine IT-Sicherheitsschulung erhalten. Zugriffsrechte sind schrittweise und nur nach Bedarf zu vergeben.
- Klare Zuständigkeiten: Es muss klar definiert sein, wer im Ernstfall zu informieren ist und welche Schritte zu unternehmen sind, um schnell und koordiniert reagieren zu können.
Verschärfte technische und organisatorische Pflichten
Neben dem Fokus auf das Personal wurden auch die technischen und organisatorischen Anforderungen präzisiert. Bewährte Grundlagen wie eine aktive Firewall, aktueller Virenschutz und eine Netzplan-Dokumentation bleiben bestehen, werden aber durch folgende Kernpflichten ergänzt:
Lückenloses Patch-Management
Sicherheitsupdates sind keine Empfehlung, sondern eine Pflicht. Sie müssen für alle Systeme – vom Praxisverwaltungssystem (PVS) über Router bis zu jedem einzelnen Endgerät – zeitnah installiert werden. Geräte, für die der Hersteller keine Updates mehr bereitstellt, müssen ausgemustert oder sicher vom Netzwerk isoliert werden.
Sichere E-Mail-Kommunikation
Da E-Mails das Haupteinfallstor für Angriffe sind, gelten hier besonders strenge Regeln. Dazu gehören die Deaktivierung aktiver Inhalte wie JavaScript, eine durchgehende TLS-Verschlüsselung und das automatische Scannen von Anhängen.
Robuste Datensicherung und Zugriffskontrolle
- Backups als Lebensversicherung: Die Richtlinie fordert eine systematische Backup-Strategie nach der 3-2-1-Regel (drei Kopien auf zwei unterschiedlichen Medien, davon eine extern). Entscheidend ist die neue Pflicht, die Wiederherstellbarkeit der Daten vierteljährlich zu testen und zu dokumentieren. Ein Backup, dessen Funktionieren nicht bewiesen ist, bietet keine Sicherheit.
- Prinzip der geringsten Rechte: Der Zugriff auf Daten und Systeme muss strikt auf das Notwendigste beschränkt werden. Das erfordert individuelle Benutzerkonten anstelle von Sammel-Logins und rollenbasierte Berechtigungen, die regelmäßig überprüft werden.
Systematische Personalprozesse
Der Ein- und Austritt von Mitarbeitenden muss einem dokumentierten Prozess folgen. Bei einem Austritt sind alle Zugänge umgehend zu sperren und Passwörter von geteilten Konten zu ändern.
Konsequenzen bei Nichtbeachtung
Die Einhaltung der Richtlinie ist nicht optional. Verstöße können gravierende Folgen haben, von empfindlichen DSGVO-Bußgeldern und möglichen Honorarkürzungen durch die KV bis hin zu existenzbedrohenden Betriebsausfällen durch Ransomware und einem nachhaltigen Vertrauensverlust bei Ihren Patientinnen und Patienten.
Die Umsetzung dieser umfassenden Anforderungen kann eine Herausforderung sein. Wenn Sie Fragen haben oder unsicher sind, ob Ihre Praxis alle Kriterien erfüllt, zögern Sie nicht, uns bei MEDI Südwest zu kontaktieren. Wir unterstützen Sie gerne und bieten Ihnen die Möglichkeit, ein professionelles Datenschutzaudit zu buchen, um auf der sicheren Seite zu sein.
Nutzen Sie den heutigen Stichtag als Anlass, Ihre IT-Sicherheitsmaßnahmen zu überprüfen und die neuen Anforderungen konsequent umzusetzen. Es ist eine Investition in die Zukunft und Sicherheit Ihrer Praxis.
Unsere Infografik zum Thema:
KBV IT-Sicherheitsrichtlinie 2025
Ein visueller Leitfaden zu den neuen Anforderungen für Arztpraxen. Handeln Sie jetzt, die Frist endet bald!
Wichtige Fristen im Überblick
Grundanforderungen wurden verbindlich
Umfassendes Update veröffentlicht
UMSETZUNGSFRIST ENDET!
Die 4 Säulen der IT-Sicherheit in Ihrer Praxis
Die neue Richtlinie baut auf vier zentralen Bereichen auf. Bestehende Grundlagen werden durch einen starken Fokus auf den Menschen als Sicherheitsfaktor ergänzt und erweitert.
🛡️Technische Basissicherheit
Die fundamentalen Schutzmaßnahmen sind weiterhin das unerlässliche Fundament Ihrer IT-Sicherheit.
- Firewall & Virenschutz: Aktiver Schutz für alle Geräte im Netzwerk.
- Regelmäßige Updates: Zeitnahes Patch-Management für alle Systeme.
- Systematische Datensicherung: Tägliche Backups nach der 3-2-1-Regel.
- Netzwerksicherheit: Dokumentierter Netzplan und Segmentierung.
👥Neuer Fokus: “Human Firewall”
Ihre Mitarbeiter sind die wichtigste Verteidigungslinie. Die Sensibilisierung des Teams ist jetzt eine Kernpflicht.
- Jährliche Schulungen (Pflicht!): Mindestens einmal pro Jahr für alle Mitarbeitenden.
- Lückenlose Dokumentation: Nachweis über Teilnehmer und Inhalte führen.
- Onboarding & Offboarding: Klare, dokumentierte Prozesse für Personalwechsel.
- Externe Dienstleister: Arbeiten nur unter Aufsicht zulassen.
📧E-Mail-Sicherheit
Als häufigster Angriffsvektor erfordert die E-Mail-Kommunikation verschärfte technische und organisatorische Maßnahmen.
- Technische Absicherung: TLS-Verschlüsselung, Anhang-Scans, keine aktiven Inhalte.
- Organisatorische Maßnahmen: Klare Regeln zur Spam-Erkennung und ein definierter Prozess bei Verdacht.
🔑Strenge Zugriffskontrollen
Das Prinzip der geringsten Rechte minimiert das Schadensrisiko, indem jeder nur auf das Nötigste zugreifen kann.
- Rollenbasierte Berechtigungen: Zugriffsrechte nach Aufgabenbereich vergeben.
- Individuelle Benutzerkonten: Keine geteilten Zugänge verwenden.
- Zwei-Faktor-Authentifizierung (2FA): Wo immer möglich aktivieren.
- Regelmäßige Überprüfung: Mindestens halbjährliche Kontrolle aller Rechte.
Anforderungen skaliert nach Praxisgröße
Die Richtlinie erkennt an, dass nicht jede Praxis die gleichen Ressourcen hat. Die Anforderungen wachsen mit der Größe der Praxis, aber die Grundlagen sind für alle verpflichtend. Das Diagramm veranschaulicht das steigende Anforderungsniveau.
Konsequenzen bei Nichtbeachtung
Die Missachtung der KBV-Richtlinie ist kein Kavaliersdelikt. Die Risiken sind vielfältig und können im schlimmsten Fall die Existenz der Praxis bedrohen. Sie reichen von empfindlichen Bußgeldern bis hin zu einem vollständigen Betriebsstillstand.
- ⚠Finanzielle Risiken: Existenzbedrohende DSGVO-Bußgelder und mögliche Honorarkürzungen durch die KV.
- ⚠Betriebsrisiken: Tagelanger Praxisausfall durch Ransomware-Angriffe, der den gesamten Betrieb lahmlegt.
- ⚠Reputationsschäden: Massiver und oft irreparabler Vertrauensverlust bei Patienten und Partnern.
🚀 Ihre 5 Sofortmaßnahmen
Warten Sie nicht bis zur letzten Minute. Beginnen Sie jetzt mit der Umsetzung. Diese fünf Schritte geben Ihnen eine klare Handlungsanweisung für den Start.
Praxisgröße bestimmen
Klären Sie, welche Anforderungsstufe für Sie gilt.
Schulungsplan erstellen
Legen Sie jetzt die Termine für die Pflichtschulungen fest.
Update-Prozess definieren
Bestimmen Sie klare Zuständigkeiten für Sicherheitsupdates.
Verträge prüfen
Kontrollieren Sie AV-Verträge mit Dienstleistern (z.B. Cloud).
Offboarding dokumentieren
Erstellen Sie eine Checkliste für ausscheidende Mitarbeiter.