Wichtige Warnung: Regressgefahr bei Off-Label Use aufgrund Unterdosierung von Entresto®

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir möchten Sie auf die potenziellen Risiken eines Prüfantrages in RLP hinweisen, der mit einem Off-Label Use und Unterdosierung von Entresto®(Sacubitril/Valsartan) begründet wurde.

Worum geht es im Prüfantrag

Inhalt des Prüfantrages ist der Vorwurf eines Off-Label Use im Rahmen einer angeblichen Unterdosierung aufgrund dauerhafter Verordnung der Anfangsdosierung mit 24 mg/26 mg des Medikamentes Entresto®.

Darf Entresto 24 mg/26 mg dauerhaft in niedriger Dosierung verordnet werden?

Entresto® (Sacubitril/Valsartan) wird zur Behandlung der symptomatischen, chronischen Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion angewendet. Die empfohlene Zieldosierung beträgt 97 mg/103 mg zweimal täglich, jedoch kann bei bestimmten Patienten eine niedrigere Anfangsdosierung von 24 mg/26 mg angebracht sein.

Indikationen für die dauerhafte Anwendung der niedrigen Dosis 24 mg/26 mg:

  1. Patienten mit niedrigem Blutdruck (Hypotonie):
    Bei Patienten, die einen systolischen Blutdruck zwischen 100 und 110 mmHg haben, ist eine niedrige Dosis gerechtfertigt, da das Risiko einer symptomatischen Hypotonie bei höherer Dosierung deutlich steigt. Die Nationale Versorgungsleitlinie (NVL) empfiehlt, dass bei diesen Patienten eine langsame Dosistitration erfolgen sollte, und wenn die niedrige Dosis gut vertragen wird, kann diese beibehalten werden, ohne das Risiko für die Herzinsuffizienztherapie zu gefährden.
  2. Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion:
    Patienten mit einer glomerulären Filtrationsrate (GFR) von unter 60 ml/min/1,73 m² (also einer moderaten bis schweren Niereninsuffizienz) profitieren von einer reduzierten Dosierung. Höhere Dosierungen könnten das Risiko für eine Verschlechterung der Nierenfunktion erhöhen. In solchen Fällen ist die dauerhafte Anwendung der niedrigen Dosis von Entresto®gerechtfertigt, um eine Balance zwischen Effektivität und Verträglichkeit zu gewährleisten.
  3. Patienten mit Leberfunktionsstörungen:
    Bei Patienten mit mittelschwerer Leberfunktionsstörung (Child-Pugh B) ist eine niedrigere Dosis erforderlich, da die Metabolisierung von Sacubitril/Valsartan beeinträchtigt sein kann. Eine höhere Dosierung könnte zu einer übermäßigen Belastung des Leberstoffwechsels führen. In solchen Fällen ist eine dauerhafte niedrige Dosis medizinisch vertretbar.
  4. Patienten mit erhöhtem Risiko für Hyperkaliämie:
    Eine hohe Kaliumkonzentration im Blut kann lebensgefährlich sein. Bei Patienten, die bereits eine Neigung zu Hyperkaliämie aufweisen (z. B. durch eingeschränkte Nierenfunktion oder Einnahme anderer Medikamente, die die Kaliumspiegel beeinflussen), ist es ratsam, die Dosis von Entresto niedrig zu halten, um das Risiko für diese gefährliche Nebenwirkung zu minimieren.
  5. Ältere oder gebrechliche Patienten:
    Ältere Patienten oder solche mit Frailty-Syndrom können auf Standarddosen empfindlicher reagieren. Aufgrund von Multimorbidität, reduziertem Blutdruck und eingeschränkter Organfunktion kann eine niedrige Dosierung für diese Patientengruppe besser verträglich und sicherer sein. Es gibt Hinweise, dass Patienten in dieser Gruppe auch bei einer niedrigeren Dosis klinisch profitieren, ohne erhöhtes Risiko für Nebenwirkungen.
  6. Patienten mit einer anfänglich erfolgreichen Titration, aber späteren Verträglichkeitsproblemen:
    Einige Patienten beginnen mit einer höheren Dosis, erleben jedoch im Verlauf der Therapie Nebenwirkungen wie Hypotonie oder Nierenprobleme, die eine Dosisreduktion erforderlich machen. In solchen Fällen kann eine dauerhafte Verordnung der niedrigen Dosis gerechtfertigt sein, da die höhere Dosis nicht mehr toleriert wird, jedoch immer noch eine therapeutische Wirkung der reduzierten Dosis besteht.

Leitlinienkonforme Anwendung der niedrigen Dosis:

Laut der Nationalen Versorgungsleitlinie zur chronischen Herzinsuffizienz sind niedrigere Dosierungen wie 24 mg/26 mg ebenfalls wirksam, insbesondere bei Patienten, die aus den oben genannten Gründen nicht auf die Zieldosis titriert werden können. Die Leitlinie betont, dass eine patientenindividuelle Therapie, angepasst an die Verträglichkeit, entscheidend ist, um Nebenwirkungen zu vermeiden und dennoch die Vorteile der Behandlung zu gewährleisten.

Die NVL empfiehlt zudem eine regelmäßige Überprüfung der Medikation und betont die Bedeutung der optimalen, patientenindividuellen Dosierung, um eine Verschlechterung der Herzinsuffizienz zu verhindern.

Vermeidung eines Regresses und Off-Label-Use:

Um einen Regress aufgrund einer Unterdosierung und eines möglichen Off-Label-Use zu vermeiden, sollten folgende Maßnahmen ergriffen werden:

  1. Dokumentation des klinischen Bedarfs: Die medizinischen Gründe für eine niedrige Dosierung müssen sorgfältig dokumentiert werden, z. B. Verträglichkeitsprobleme oder bestehende Begleiterkrankungen.
  2. Anpassung an Leitlinien: Die Nationale Versorgungsleitlinie unterstützt den Einsatz niedrigerer Dosierungen bei Bedarf, sodass dies kein Off-Label-Use darstellt, sofern die Fachinformationen beachtet werden.
  3. Regelmäßige Titration und Überwachung: Eine kontinuierliche Anpassung der Dosierung sollte angestrebt und dokumentiert werden, um zu zeigen, dass die optimale Dosierung für den Patienten erreicht wurde.
  4. Kommunikation mit Kostenträgern: Bei Unsicherheiten sollte frühzeitig mit der Krankenkasse oder dem Kostenträger Rücksprache gehalten werden, um Missverständnisse und potenzielle Regressforderungen zu vermeiden.

Fazit:

Die dauerhafte Verordnung von Entresto 24 mg/26 mg ist in bestimmten Fällen gerechtfertigt, insbesondere bei Patienten mit niedrigem Blutdruck oder Nierenfunktionsstörungen. Leitlinien wie die Nationale Versorgungsleitlinie zur chronischen Herzinsuffizienz befürworten den Einsatz von niedrigeren Dosierungen, wenn sie den Patienten optimal helfen. Eine sorgfältige Dokumentation und regelmäßige Überprüfung sind notwendig, um rechtliche Risiken wie Regressansprüche zu vermeiden.

Wir empfehlen dingend, dass Sie Ihre Bestandspatienten unter der Entresto Dosis 24 mg/26 mg auf deren Zulässigkeit hin überprüfen und gegebenenfalls entweder sofort mit der Hochtitration beginnen, oder auf ein Alternativwirkstoff umstellen.

Quellen:

herzinsuffizienz-vers4-0

020891

Entresto-Dosistitration-und-Zieldosierungen_09-2024