Die Coronavirus-Impfverordnung ist neugefasst worden. Mit der Modifizierung trägt das Bundesministerium für Gesundheit der Tatsache Rechnung, dass hierzulande mit dem Vektorviren-Impfstoff vorrangig Menschen zwischen 18 und 65 Jahren geimpft werden sollen.
Die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut hat in ihrer aktualisierten COVID-19-Impfempfehlung diese Altersbegrenzung für den AstraZeneca-Impfstoff festgelegt, da es nicht genügend Studiendaten gibt, die auch eine Wirksamkeit bei älteren Menschen belegen. Die Europäische Arzneimittelagentur hat den Impfstoff ab 18 Jahren ohne obere Altersbegrenzung zugelassen.
Die Impfverordnung berücksichtigt diese Empfehlung der STIKO. Für alle Priorisierungsgruppen gilt demnach jeweils:
- Sofern Impfstoffe von der STIKO ausschließlich für Personen im Alter von 18 bis 64 Jahren empfohlen werden, sollen diese vorrangig mit diesen Impfstoffen versorgt werden.
- Sofern nur bestimmte Impfstoffe von der STIKO für Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder das 65. Lebensjahr vollendet haben, empfohlen werden, sollen diese vorrangig mit diesen Impfstoffen versorgt werden.
5 EUR pro Attest – kein Respekt von Arztpraxen
Der Skandal dabei ist, dass die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte für 5 Euro plus Portokosten jeden einzelnen Patienten prüfen sollen, ob dieser Anspruch auf Zugehörigkeit zur jeweiligen Gruppe gemäß der vorliegenden Impfpriorisierung hat. Zudem sollen die Mediziner diese Prüfung auch noch dokumentieren.
Diese Regelung bringt unnötige Patientenanfragen und viel Unruhe in unsere Praxen, Diskussionen mit den Betroffenen und neue Bürokratie sind vorprogrammiert. Dieser Umgang mit den Ärzten und der vorgegebene Preis zeigen die mangelnde Wertschätzung der politisch Verantwortlichen gegenüber den Ärzten und den Praxisteams.
Die Ärzte behandeln kranke Patienten, es ist nicht die Aufgabe Bürokratie zu unterstützen.
Wenigstens sind die Atteste formlos möglich, die entsprechenden Formulierungsbeispeile könnten so aussehen:
Ärztliches Attest zu diesen Vorerkrankungen
Vorerkrankungen nach Paragraf 3 Ziffer 2 der Impfverordnung (Priorisierungsgruppe 2)
- Trisomie 21, Demenz oder geistige Behinderung sowie Menschen nach Organtransplantationen
Beispiel für eine formlose Bescheinigung: „Bei Herrn Klaus Mustermann liegt eine Erkrankung im Sinne von Paragraf 3 Ziffer 2 der Impfverordnung vor.“
Vorerkrankungen nach Paragraf 4 Ziffer 2 der Impfverordnung (Priorisierungsgruppe 3)
- Diabetes mellitus, Herzerkrankungen (Herzinsuffizienz, Arrhythmie, Vorhofflimmern, koronare Herzkrankheit oder arterielle Hypertension), zerebrovaskuläre Erkrankungen oder Schlaganfall, Krebs, COPD oder Asthma bronchiale, Autoimmunerkrankungen oder Rheuma, Immundefizienz oder HIV-Infektion, chronische Nierenerkrankung, chronische Lebererkrankung, Adipositas (BMI über 30).
Beispiel für eine formlose Bescheinigung: „Bei Herrn Klaus Mustermann liegt eine Erkrankung im Sinne von Paragraf 4 Ziffer 2 der Impfverordnung vor.“
Priorisierungsgruppen
Folgende Priorisierungsgruppen mit den zugöhrigen Personengruppen gibt es:
(1) Folgende Personen haben mit höchster Priorität Anspruch auf Schutzimpfung:
1. Personen, die das 80. Lebensjahr vollendet haben,
2. Personen, die in stationären und teilstationären Einrichtungen zur Behandlung, Betreuung oder Pflege älterer oder pflegebedürftiger Menschen behandelt, betreut oder gepflegt werden oder tätig sind,
3. Personen, die im Rahmen ambulanter Pflegedienste regelmäßig ältere oder pflegebedürftige Menschen behandeln, betreuen oder pflegen, sowie Personen, die im Rahmen der ambulanten Pflege Begutachtungs- oder Prüftätigkeiten ausüben,
4. Personen, die in Bereichen medizinischer Einrichtungen mit einem sehr hohen Expositionsrisiko in Bezug auf das Coronavirus SARS-CoV-2 tätig sind, insbesondere auf Intensivstationen, in Notaufnahmen, in Rettungsdiensten, als Leistungserbringer der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung, in den Impfzentren im Sinne von § 6
Absatz 1 Satz 1 sowie in Bereichen, in denen für eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 relevante aerosolgenerierende Tätigkeiten durchgeführt werden,
5. Personen, die in medizinischen Einrichtungen regelmäßig Personen behandeln, betreuen oder pflegen, bei denen ein sehr hohes Risiko für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf nach einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 besteht, insbesondere in der Onkologie oder Transplantationsmedizin.
(2) Sofern Impfstoffe von der Ständigen Impfkommission beim Robert Koch-Institut ausschließlich für Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, empfohlen werden, sollen diese Personen vorrangig mit diesen Impfstoffen versorgt werden. Sofern für Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder das 65. Lebensjahr vollendet haben, von der Ständigen Impfkommission beim Robert KochInstitut nur bestimmte Impfstoffe empfohlen werden, sollen diese Personen bei der Versorgung mit diesen Impfstoffen vorrangig berücksichtigt werden.
(3) Personen nach Absatz 1 Nummer 1 können getrennt nach Geburtsjahrgängen, beginnend mit den ältesten Jahrgängen, zeitversetzt zur Schutzimpfung eingeladen werden.
1. Personen, die das 70. Lebensjahr vollendet haben,
2. folgende Personen, bei denen ein sehr hohes oder hohes Risiko für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf nach einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 besteht:
a) Personen mit Trisomie 21,
b) Personen nach Organtransplantation,
c) Personen mit einer Demenz oder mit einer geistigen Behinderung oder mit schwerer psychiatrischer Erkrankung, insbesondere bipolare Störung, Schizophrenie oder schwere Depression,
d) Personen mit malignen hämatologischen Erkrankungen oder behandlungsbedürftigen soliden Tumorerkrankungen, die nicht in Remission sind oder deren Remissionsdauer weniger als fünf Jahre beträgt,
e) Personen mit interstitieller Lungenerkrankung, COPD, Mukoviszidose oder einer anderen, ähnlich schweren chronischen Lungenerkrankung,
f) Personen mit Diabetes mellitus (mit HbA1c ≥ 58 mmol/mol oder ≥ 7,5%),
g) Personen mit Leberzirrhose oder einer anderen chronischen Lebererkrankung,
h) Personen mit chronischer Nierenerkrankung,
i) Personen mit Adipositas (Personen mit Body-Mass-Index über 40),
j) Personen, bei denen nach individueller ärztlicher Beurteilung aufgrund besonderer Umstände im Einzelfall ein sehr hohes oder hohes Risiko für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf nach einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 besteht,
3. bis zu zwei enge Kontaktpersonen
a) von einer nicht in einer Einrichtung befindlichen pflegebedürftigen Person nach den Nummern 1 und 2 und nach § 2 Absatz 1 Nummer 1, die von dieser Person oder von einer sie vertretenden Person bestimmt werden,
b) von einer schwangeren Person, die von dieser Person oder von einer sie vertretenden Person bestimmt werden,
4. Personen, die in stationären Einrichtungen zur Behandlung, Betreuung oder Pflege geistig oder psychisch behinderter Menschen tätig sind oder im Rahmen ambulanter Pflegedienste regelmäßig geistig oder psychisch behinderte Menschen behandeln, betreuen oder pflegen,
5. Personen, die in Bereichen medizinischer Einrichtungen mit einem hohen oder erhöhten Expositionsrisiko in Bezug auf das Coronavirus SARS-CoV-2 tätig sind, insbesondere Ärzte und sonstiges Personal mit regelmäßigem unmittelbarem Patientenkontakt, Personal der Blut- und Plasmaspendedienste und in SARS-CoV-2-Testzentren,
6. Polizei- und Ordnungskräfte, die in Ausübung ihrer Tätigkeit zur Sicherstellung der öffentlichen Ordnung, insbesondere bei Demonstrationen, einem hohen Infektionsrisiko ausgesetzt sind, sowie Soldatinnen und Soldaten, die bei Einsätzen im Ausland einem hohen Infektionsrisiko ausgesetzt sind,
7. Personen, die im öffentlichen Gesundheitsdienst oder in besonders relevanter Position zur Aufrechterhaltung der Krankenhausinfrastruktur tätig sind,
8. Personen, die in Einrichtungen nach § 36 Absatz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 des Infektionsschutzgesetzes untergebracht oder tätig sind,
9. Personen, die im Rahmen der nach Landesrecht anerkannten Angebote zur Unterstützung im Alltag im Sinne des § 45a des Elften Buches Sozialgesetzbuch regelmäßig bei älteren oder pflegebedürftigen Menschen tätig sind.
(2) § 2 Absatz 2 sowie, für Personen nach Absatz 1 Nummer 1, § 2 Absatz 3 gelten entsprechend
1. Personen, die das 60. Lebensjahr vollendet haben,
2. Personen, bei denen ein erhöhtes Risiko für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf nach einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 besteht:
a) Personen mit behandlungsfreien in Remission befindlichen Krebserkrankungen, wenn die Remissionsdauer mehr als fünf Jahre beträgt,
b) Personen mit Immundefizienz oder HIV-Infektion, Autoimmunerkrankungen oder rheumatologische Erkrankungen,
c) Personen mit einer Herzinsuffizienz, Arrhythmie, einem Vorhofflimmern, einer koronaren Herzkrankheit oder arterieller Hypertonie,
d) Personen mit zerebrovaskulären Erkrankungen, Apoplex oder einer anderen chronischen neurologischen Erkrankung,
e) Personen mit Asthma bronchiale,
f) Personen mit chronisch entzündlicher Darmerkrankung,
g) Personen mit Diabetes mellitus (mit HbA1c < 58 mmol/mol oder < 7,5%),
h) Personen mit Adipositas (Personen mit Body-Mass-Index über 30),
i) Personen, bei denen nach individueller ärztlicher Beurteilung aufgrund besonderer Umstände im Einzelfall ein erhöhtes Risiko für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf nach einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 besteht,
3. bis zu zwei enge Kontaktpersonen von einer nicht in einer Einrichtung befindlichen pflegebedürftigen Person nach den Nummern 1 und 2, die von dieser Person oder von einer sie vertretenden Person bestimmt werden,
4. Personen, die Mitglieder von Verfassungsorganen sind oder in besonders relevanter Position in den Verfassungsorganen, in den Regierungen und Verwaltungen, bei der Bundeswehr, bei der Polizei, beim Zoll, bei der Feuerwehr, beim Katastrophenschutz einschließlich des Technischen Hilfswerks, in der Justiz und Rechtspflege, in den Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland oder bei Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit mit
Sitz in der Bundesrepublik Deutschland tätig sind,
5. Personen, die in besonders relevanter Position in weiteren Einrichtungen und Unternehmen der Kritischen Infrastruktur tätig sind, insbesondere im Apothekenwesen, in der Pharmawirtschaft, im Bestattungswesen, in der Ernährungswirtschaft, in der Wasser- und Energieversorgung, in der Abwasserentsorgung und Abfallwirtschaft, im Transport- und Verkehrswesen sowie in der Informationstechnik und im Telekommunikationswesen,
6. Personen, die in Bereichen medizinischer Einrichtungen mit niedrigem Expositionsrisiko in Bezug auf das Coronavirus SARS-CoV-2 tätig sind, insbesondere in Laboren, und Personal, das keine Patientinnen oder Patienten betreut,
7. Personen, die im Lebensmitteleinzelhandel tätig sind,
8. Personen, die in Kinderbetreuungseinrichtungen, in der Kindertagespflege, in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe und als Lehrkräfte tätig sind,
9. Personen mit prekären Arbeits- oder Lebensbedingungen.
(2) § 2 Absatz 2 sowie, für Personen nach Absatz 1 Nummer 1, § 2 Absatz 3 gelten entsprechend.
Mehr Personen in der zweiten Priorisierungsgruppe
Nach der angepassten Impfverordnung werden weiterhin die Personen vorrangig gegen SARS-CoV-2 geimpft, bei denen ein erhöhtes Risiko für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf nach einer COVID-Infektion besteht. Allerdings wurden in die Gruppen zwei „hohe Priorität“ und drei „erhöhte Priorität“ weitere Krankheitsbilder aufgenommen beziehungsweise die bereits vorhandenen differenziert.
So werden einige Erkrankungen, die bislang in der Gruppe drei genannt wurden, nunmehr in der Gruppe zwei aufgeführt. Dazu gehören beispielsweise chronische Nierenerkrankungen oder COPD.
Differenziert wurde beim Diabetes mellitus: Personen mit einem HbA1c ≥58 mmol/mol bzw. ≥7,5% werden nunmehr der zweiten Prioritätsgruppe zugeordnet, wogegen Diabetespatienten mit einem mit HbA1c <58 mmol/mol bzw. <7,5% in der dritten Gruppe verbleiben. Auch bei der Adipositas wird differenziert: Bei einem Body-Mass-Index (BMI) über 40 erfolgt die Zuordnung nunmehr zur Prioritätsgruppe zwei, bei einem BMI über 30 zur drei.
Ähnlich ist das bei Krebserkrankungen: Menschen mit behandlungsfreien in Remission befindlichen Tumorerkrankungen haben wie bislang eine erhöhte Priorität und gehören damit zur Gruppe drei. Personen mit malignen hämatologischen Erkrankungen oder behandlungsbedürftigen soliden Tumorerkrankungen, die nicht in Remission sind oder deren Remissionsdauer weniger als fünf Jahre beträgt, haben nach der neuen Impfverordnung eine hohe Priorität (Prioritätsgruppe zwei) und somit eher Anspruch auf eine Coronavirus-Impfung.
Auch dürfen jetzt zwei (statt bisher eine) enge Kontaktperson von einer nicht in einer Einrichtung befindlichen pflegebedürftigen Person (> 70 Jahre, mit Trisomie 21, mit Demenz oder geistiger Behinderung oder nach Organtransplantation) oder von Schwangeren bestimmt werden (die dann zur Priorisierungsgruppe zwei gehören).
Priorisierung in den jeweiligen Altersgruppen
In den jeweiligen Priorisierungsgruppen (> 80 Jahre, >70 Jahre oder > 60 Jahre) können die Personen getrennt nach Geburtsjahrgängen, beginnend mit den ältesten Jahrgängen, zeitversetzt zur Schutzimpfung eingeladen werden.
Einzelfallentscheidungen jetzt möglich
Neu ist außerdem, dass Menschen mit einer Erkrankung, die in der Impfverordnung nicht genannt wird, eine hohe oder erhöhte Priorität haben können (Prioritätsgruppen zwei und drei), wenn mindestens ein erhöhtes Risiko für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf nach einer COVID-Infektion besteht.
Dazu bedarf es eines gesonderten Attestes. Diese Bescheinigung dürfen ausschließlich berechtigte Einrichtungen ausstellen, die von den obersten Landesgesundheitsbehörden und den von ihnen bestimmten Stellen hiermit beauftragt wurden.
Konkretisierung bei den Folge- und Auffrischimpfungen
Folge- und Auffrischimpfungen müssen danach mit dem gleichen Impfstoff erfolgen wie die Erstimpfung. Der von der STIKO empfohlene Abstand zwischen Erst- und Folgeimpfung beim mRNA-Impfstoff Comirnaty von BioNTech (drei bis sechs Wochen), beim mRNA-Impfstoff COVID-19-Vaccine von Moderna (vier bis sechs Wochen) und beim Vektorviren-Impfstoff COVID-19 Vaccine von AstraZeneca (neun bis zwölf Wochen) soll eingehalten werden. Wird der empfohlene Abstand im Einzelfall aus wichtigem Grund überschritten, soll das Impfschema auf Grundlage der Empfehlungen der STIKO fortgesetzt werden.